Mein „neues Leben“ mit Cannabinoid

Wie in meinen Artikeln Meine ersten Erfahrungen mit Cannabinoid […] und Weitere Erfahrungen mit Cannabinoid […] geschildert, nehme ich seit April 2018 mit Bewilligung meiner Krankenkasse und Zustimmung meiner Ärzte/Ärztin Dronabinol (Cannabinoid). Und mir gehts gut damit.

Nicht, dass meine Schmerzen sich in Luft aufgelöst haben, ganz verschwunden sind. Dazu sind die Nervenschäden an den Füßen irreparabel. Meine Fibromyalgie/meinen Ganzkörperschmerz nehme ich nur anders wahr. Weniger bedrohlich, signifikant weniger belastend. Und mich stören damit noch viel weniger dumme, unqualifizierte Bemerkungen meiner Mitmenschen und Ärzte/Ärztinnen. Wie im Krankenhaus z.B.: „man sieht ja nichts“, „dann müssen sie eben mit den Schmerzen klar kommen“.

Um es klar zu machen: ich konsumiere Cannabinoid keinesfalls um einen Rausch zu bekommen. Obwohl es immer häufiger wie berauschend für mich ist, was ich damit er-lebe.

Schmerzkurven bei Fibromyalgie

Mein(e) Schmerz(kurve) hat mich vor Einnahme des Dronabinaol im Laufe des Tages heftig ausschlagend begleitet (nicht durchgängig gleich). Manchmal steil ansteigend, dann wieder weniger. Ein festes Muster gab es da nie.

Achtsamkeit

Weniger liegen meine Schmerzen daran, dass ich unachtsam bin, wie z.B. bei unseren Ausflügen. Eher am (naß)kaltem Wetter. Wärme dagegen ist ideal für mich (mir ist bekannt, dass das natürlich individuell ist). Zum Thema Achtsamkeit bin ich durch jemanden Dritten auf ein Blog aufmerksam gemacht worden. Sehr lesens- und nachahmenswert. Vieles davon „lebe ich“.

Entspannung

Meine Entspannungsübungen, die ich seit Jahren täglich ausführe, wie auch meine 2 x in der Woche wahrgenommen Physiobesuche, bedeuten weniger Schmerz – zumindest für Momente.

Mit meinen Entspannungsübungen veranstalte ich keinen „Hokuspokus“. Wenn ich merke, „es ist soweit“, lege ich mich einfach hin, schließe meine Augen, und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Sie kommen und gehen eben einfach. Ohne Entspannungsmusik, ohne „ommmm“. Einfach meinem Atem Gehör schenken, und in mich selbst versinken. Ich empfinde es als schönen Urlaub in einer angenehmen Atmosphäre. Meine Entspannung dauert manchmal 1, manchmal 2 Stunden. Mein Körper „zeigt“ mir, wenn es genug ist. Ich gebe mir Zeit, das zu genießen.

Ernährung

Über meine ausgewogene Ernährung, die nun viele Jahre auf dem gleichen Level liegt, kann ich nicht klagen. Ich halte mein Idealgewicht (~72 kg, 186 cm), denn jedes Kilo mehr müssten meine Füße mit meiner Polyneuropathie (er)tragen. Das mein „Motor“ rund läuft, wurde wiederholt bei meinem 2-Jahres-Check durch meine Ärztin abnickend bestätigt. Zudem habe ich keinen Bock meinen Körper mit jenseits von 100 kg zu präsentieren.

Trotzdem koche und esse ich weiterhin auch MAL eine Kalorienbombe.

Lasagne zu Ostern

Auch auf meine Gummibärchen und ab und zu MAL eine Schokolade werde ich nicht verzichten. Auf Chips und Co dagegen, sowie diesen ganzen Süßgetränke, verzichte ich dankend. Diesen ganzen Mist an Fertignahrungen habe ich im Leben nicht verwendet (*ausgründen).

Kochen, gutes und/oder einfaches Essen, sowie naschen, sind ein paar wenige „Skills“ für mich.

Dronabinol

Nun kommt mein Dronabinol ins Spiel. Zusätzlich zu meinen anderen Schmerzmitteln. Noch…

Achtsamkeit

Die Tropfen wirken Muskelentspannend, womit ich Ausflüge körperlich besser wegstecke. Der Schmerz meldet sich einfach später. Dann aber nicht mehr so krass, wie ohne Cannabinoid.

Das Cannabinoid ergänzt sich insofern hervorragend, dass sich meine bisherige „Kopfarbeit“ mit/gegen meine Schmerzen weniger intensiv abspult – meine Gedanken kreisen deutlich weniger darum. Damit habe ich meinen Kopf freier für anderes. Quasi Ressourcen/Kapazitäten frei.

Oft sitze ich auf meinem Balkon „einfach nur da“. Ohne Musik, TV, oder sonstiges Störendes. Auch mein Tablett/Handy hat dann Pause.

Trinke genußvoll meinen von vielen belächelten viel zu süßen Kaffee („warum schütten sie ihren Kaffee nicht in den Zuckertopf“, so mal die Frage in meinem Beruf beim Kundenbesuch), schau den Wolken zu, und lasse meine Gedanken schweifen. Ich höre dem leisen rauschen des Windes zu, und genieße im Sommer die Wärme an meinem Körper.

Wenn sich die Gelegenheit bietet, gehe ich gern in unserer Umgebung allein spazieren. Mit vielen Pausen, um vielleicht einen kleinen Trailer zu basteln (auch ein für mich tolles (neues) Hobby seit geraumer Zeit). Oder einfach auch nur, um mal abzuhängen, die Seele baumeln lassen. Alles fühle ich eindrucksvoll verstärkend durch die Tropfen.

Entspannung

Ich habe festgestellt, dass mit Einnahme von Cannabinoid meine Entspannungsübungen deutlich intensiver sind. Dies stelle ich oft nach ein paar Minuten in Entspannung fest. Dann ist es so, wie kurz vorm einschlafen. Manchmal nur in unteren Gliedmaßen, neuerdings öfters im ganzen Körper unwillkürliches zucken. Dann ist mein Körper Meilenweit weg, und meine Sinne trotzdem „im Moment“. Ich nehme mein Umfeld wahr, und höre vieles. Hat etwas meinen Eindruck, es ist ein „Störfaktor“, versuche ich das in ein positives Mosaiksteinchen in meine Gedanken einzupflegen. Das klappt in der Regel bestens. Und wenn nicht, dann ist dann eben so. In ein „Gedankenkarussel“ verfalle ich dabei nie.

Ernährung

Kochen war, ist und bleibt DAS Hobby für mich. Auf meine Ernährung habe ich solange ich zurückdenken kann, geachtet. Immer ausgewogen, selten über die Stränge hauhend. Mega fettiges Essen z.B. war nie mein Ding.

Mit den Tropfen habe ich das Gefühl, meine Sinne sind geschärfter. Ich schmecke instensiver (ja, auch als Raucher), nehme Düfte und Farben intensiver wahr. Das geht manchmal sehr, sehr tief − unbeschreibar, wie. Kochen ist für mich wie ein Gemälde, was einerseits Phantasie erfordert, andererseits Kreativität und Zeit. Ich kann in diesen Momenten darin völlig aufgehen. Und damit sind meine Schmerzen zeitlos-gefühlt Nebensache, manchmal kaum noch wahrnehmbar. Und ab und an darfs auch mal ein kühles Blondes zum Abend sein, oder auch 2.

Aktivität

Diese putze ich mit meinen Tropfen, körperlich betrachtend, besser weg. Einfach, weil manchmal meine komplette, manchmal auch nur teilweise Muskulatur entspannter ist. Letztgenanntes mögen sich Lesende wie einen ständig starken Muskelkater/Muskelkatze vorstellen, der nie enden will. Ein gräßlich-tiefsitzender, lang-anhaltender, nie-endend-wollender Schmerz. Ich wusste oft nicht, „ob ich Leben oder sterben wollte“ (Metapher!).

Ich gehe auch − obwohl oft an meine Grenzen stoßend − in meiner ehrenamtlichen Tätigkeit auf. Dort habe ich eine sinnvolle Beschäftigung, habe viele Menschen und Schicksale kennengelernt (wobei ich überzeugt bin, dass das oft nur die Spitze des Eisberges war, was geschildert wurde). Viele Helfende, Bekannte und Freunde durfte ich kennenlernen. Die wenigen „Diskrepanzen“ während meiner Beschäftigung betrachte ich Lösungsorientiert, nicht Problemorientiert.

Erwähnte ich, dass ich als Rentner keinen Bock habe, auf dem Kopfkissen lümmelnd, Parksünder anzuschwärzen, oder den ganzen Tag vor dem TV zu hängen? Oder mein Blog als Werkzeug betrachte/nutze, und nicht ständig „dran rum schraube“?

Emotionen mit Dronabinol

Ich betrachte mich seit einigen Jahren eher als bedächtiger, gelassener Mensch. Das mag bei manchen als „scheintot“ ankommen, was mir aber schnuppe ist. Ich weiß, dass ein streßfreies Leben damit besser funktioniert. Dazu gehört, dass ich mich nie ärgere – sich zu ärgern bringt letztendlich einfach nix – eher sehe ich vieles pragmatisch. Lösungsorientiert statt Problemorientiert sowieso. Auch da kommen mir meine Dronabinoltropfen entgegen.

Kommen alte, schlimme Gedanken (aus meinem „früheren Leben“) hoch, dann nehme ich sie an. Ich finde es vergebliche Liebsmüh, sich dagegen stemmen zu wollen. Es ist, wie es ist. Wenn es anders sein könnte, wäre es so.

Die Schere im eigenen Kopf ist längst passé.

Dabei denke ich oft an meinem Papa, und wieviel positives ich von ihm mitnehmen durfte. Zu mir war er mehr wie ein „bester Kumpel“, mit dem ich auch oft Winters wie Sommers auf dem Bau als Dachdeckerhelfer rangeklotzt hatte. Dann kommen schon mal Glückstränen hoch (wie grad jetzt beim schreiben). Wenn ihm etwas gegen den Strich ging, war irgendwann der Punkt erreicht, wo es hieß „Arsch lecken, rasiern – kost n Groschen Fuffzich“. Entspricht auch meiner Devise.

Mein Papa war gegen Gewalt, er hat uns als Kinder nie geschlagen. Da war seine Devise „ich bin als Kind nie geschlagen worden, also erziehe ich meine Kinder ebenso“. Mir gehts genauso mit meinen Mitmenschen.

Ich kann dir nicht weh tun, ohne mich selbst zu verletzen.

Diese Einstellungen eben wiederum verstärkt, intensiver durch mein neues Mittel.

Die zuvor erwähnten Glücksmomente sind manchmal extrem heftig nach oben hin „ausschlagend. Meine Emotionen fahren dann Achterbahn, nur sind da immer seltener negative Spitzen. Wenn es zu heftig positiv ausschlagend wird, versuche ich etwas gegenzusteuern, um nicht „abzudrehen“, um in der Realität zu bleiben.

In Erinnerung an meinen Papa, der mir nach 3 Jahren immer noch fehlt.

Momentane Dosierung Dronabinol

In Absprache mit meinem Neurologen hatte ich die Dosierung zwischenzeitlich probeweise etwas erhöht/verringert. Meine jetzige Dosierung:

10-5-10-5 Hübe
0,1 ml aus dem Pumpfläschchen entspricht 3 Hübe

Meine Einnahme erfolgt mit etwas Zucker (YEAAA! 😉 ) gegen 8:00-9:00 Uhr (je nachdem, wie ich wann aus der Falle schleiche), 12:00-13:00 Uhr, zwischen 15:00 und 17:00 Uhr, und gegen 21:00 bis 23:00 Uhr (je nachdem, wie müde/platt ich bin). Die Einnahme Abends/Nachts hilft mir oft beim Ein- und Durchschlafen.

Versucht hatte ich es auch immer wieder mal 2-3 Tage lang, mit einer etwas geringeren Dosierung klarzukommen. War nicht wirklich optimal, wie meine jetzige durchgängige.

Ca. alle 3-4 Wochen bitte ich meinen Neurologen um ein neues BTM-Rezept, denn solange reichen meine Tropfen.

Ich lasse mich überraschen, wie es weiter mit meiner Einnahme von Dronabinol geht. Und ob ich irgendwann ein Opioid fallen lassen kann. Eine nicht ganz neue Welt für mich, mit dennoch vielen positiv verstärkten Empfindungen und Gefühlen. Irgendwie wie eine Reise, ein neues Kapitel in meinem Leben.

Ergo: Es geht mir gut. Trotz allem.

Nachsatz: nach wie vor bin ich der Meinung, dass Cannabinoide nichts in den Händen „Unerfahrener“ zu suchen haben. Es sei denn, ein Arzt begleitet zumindest die Anfänge damit. Gefühle können sehr mächtig sein/werden, auch im Negativen.

Andere Erfahrungen/Schilderungen zur Einnahme Cannabinoide habe ich nicht im Netz finden können. Falls jemand einen entsprechenden Link parat hat: bitte gern über mein Kontaktformular mitteilen.

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient (wie alle meine Artikel zum Thema) nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose.

2 Antworten auf „Mein „neues Leben“ mit Cannabinoid“

  1. Hallo Peter, deine Leidensgeschichte könnte meine sein. Diagnose Fibromyalgie, chronisches Schmerzsyndrom, schwere Arthrose, schwere chronische Depression. Opiate in jeglicher Form. Meine Schmerztherapeutin, die auch Cannabis verschreibt, behauptet jedoch, ich habe keine der Indikationen, bei der die Krankenkasse cannabis übernimmt. Kannst du mir weiter helfen??? Wie sah dein Antrag aus? Hast du dich auf Gerichtsurteile berufen können?

    1. Hallo Petra,

      wenn Du einen Facharzt hast (in meinem Fall Neurologe), der „auf Deiner Seite ist“, dürfte es „einfacher“ sein. Einerseits, was die Behandlung selbst angeht. Andererseits, dass Dir der Facharzt den Antrag stellt. So zumindest meine Erfahrung.

      Selbst wenn Dir der Antrag vom Arzt mit seinem Wohlwollen ausgefüllt wurde, ist die nächste Hürde der Medizinische Dienst. Entscheidet dieser gegen den Antrag, kannst Du nur Widerspruch einlegen, oder etwa 1 Jahr warten, und einen erneuten Antrag stellen lassen.

      Ggf. würde ich an Deiner Stelle einen Sozialverband zu Rate ziehen.

      Mein Hinweis: Cannabis nimmt nicht den Schmerz, so auch neulich Bestätigungen in einem Bericht dazu: Schmerz lass nach

      Vorstehendes betrifft auch Deine Fragen per Mail.

Kommentare sind geschlossen.