Als erstes nahm ich einen Geruch in der Nase wahr, den ich seit fast 50 Jahren nicht mehr wahrgenommen hatte. Ein „Duft“ nach Papier, Druckfarbe, alten Holz-Setzkästen… Dienstag Abend hatte ich mich zu einem Besuch im Buchdruck-Museum in Hannover entschlossen.
Anfahrt zum Buchdruck-Museum
Die Verbindung mit den Öffis (Bus-Zug-Bahn) fährt sich relativ flott: knapp eine Stunde incl. kleiner Fußwege. Auch deswegen „auf Achse“, weil ich mich entschlossen hatte, mich mehr als die letzten Monate nach meinen OPs zu bewegen (schwimmen geht nicht, da Hausverbot − aus welchen Gründen auch immer).
Im Buchdruck-Museum
Klar − auch um mit Kollegen aus der Branche zu Fachsimpeln, und in alten Zeiten zu schwelgen. Und das wurde in knapp 2 Stunden ausgiebigst getan! Alte Bücher und Jubiläumsbroschüren (auch meiner ehemaligen Firma Th. Schäfer) wurden angeschaut, Gautschbriefe begutachtet. „Kennste den noch, oder die?“ „In welcher Firma war das, und welches Jahr?“ „Als Stift sich zu weigern, für die Kollegen einzukaufen – konnteste vergessen!“ „Morgens zum Frühstück war oft die erste Pulle Mari*cro* weggelutscht − und erst der Perversico…“ Zwischendurch kam, wie unsere digitale Revolution ablief: vom Bleisatz/Buchdruck zum Film/Fotosatz, und wie etliche Kollegen daran „gescheitert“ sind. Auch das spätere Druckereisterben durch u.a. Kostendruck und ruinöse Preiskämpfe am Markt waren Thema. Ja − und auch, wer das Museum später einmal weiterführen könne…
Virtueller Rundgang Buchdruck-Museum
Winkelhaken 17. Jh.
Linotype
Weitere Informationen zur Linotype „Zeilengußmaschine“
Monotypesatz
Weitere Informationen zu Monotype
Handsatz und Ausschlusskästen
Zeitungsseiten
Plakatschriften
Klischee
Senefelder – Erfinder Lithografie
Raritäten oberes Geschoss
Mit viel Liebe zum Detail wurde im Buchdruckmuseum alles hergerichtet. Und die Hauptsache: es ist ein Anfass-Museum, es animiert zum mitmachen. Eine weitere Besucherin nutze die Gelegenheit, um mit einem Winkelhaken und Antiquasetzkasten mit etwas Hilfe zu setzen. Anschließend wurde ein Abzug auf einer Korrex (kleine, handgetriebene Druckmaschine) abzuziehen.
Schema Antiqua-Setzkasten
Heidelberger Tiegel
Infos zur Tiegeldruckpresse
Tradition Schriftsetzer und Buchdrucker
Im Juni 2019 soll am Buchdruck-Museum eine Gautschfeier stattfinden. Prompt wurde ich gefragt, ob ich gegautscht wurde. Es war (ist?) Tradition, dass nur dadurch der Geselle/die Gesellin zum „Jünger der Schwarzen Kunst“ wurde. Wer keinen Gautschbrief vorweisen kann, MUSS gegautscht werden − wie gut, dass ich meinen Gautschbrief im Blog zeigen konnte.
Verschiedene Veranstaltungen, wie Papierherstellung (Büttenpapier), Linolschnitte usw., sowie Teilnahmen des Museums bei diversen Handwerksveranstaltungen runden das vielfältige Programm ab.
Tag der Druckkunst
Mit einem „Gott grüß die Kunst“ später von meinen Kollegen verabschiedet. Ein Besuch, der sich lohnt, und den ich wiederholen werde.
Für weitere Informationen: Buchdruck-Museum Hannover
Bilder mit frdl. Genehmigung zur Veröffentlichung
Marginale:
Zugfahrten können sehr unterhaltend sein. 😀 Ob es um die letzten intimen Dates geht, oder gegenüber jemand die ganze Zeit mit geöffnetem Mund seine Zähne putzt. An der Haltestelle vor sich hinrotzende Erwachsene, und um mich herum fiepende, piepende Handys, auf denen andere lautstark ihre Lebensgeschichte beichteten…
Abends hatte ich mir noch eine kleine Leckerei gegönnt: Sushi 🙂
Nein, die kannte ich nicht. Danke für den Tipp.